Theatersammlungen im deutschsprachigen Raum







Sammeln – die Materialität der Objekte

All das zu sammeln, was von der Aufführung übrig bleibt, die Rollen- und Regiebücher, die Partituren, die Bühnenbildentwürfe und Kostümskizzen, die Bühnenbildmodelle, ja selbst die Kostüme, Requisiten und auch manches Dekorationsteil, die Briefwechsel und die Kritiken, die Gemälde, Drucke, Zeichnungen und Fotografien, aber auch das ungewöhnliche, abseitige, wie zum Beispiel Druckplatten von Werbefotos, zeugen von einer Materialvielfalt, die es so in anderen Archiven, so auch bei anderen Künsten nicht gibt: das Theater mag als eigene Kunstform zwar flüchtig sein, (be)nutzt aber vielleicht deshalb alle anderen Künste für seine Zwecke: die Literatur und Musik, die Malerei, Grafik und Bildhauerei, die Architektur und schließlich auch den Film.
Und all das findet sich in den Sammlungen der betreffenden Gedächtnisinstitutionen. All dies, was zum Kernbereich des materiellen kulturellen Erbes gehört und das nachdrücklich auf das immaterielle Kulturerbe des Theaters verweist, zu sammeln, zu ordnen, zu bewahren und zu präsentieren oder für die Forschung zur Verfügung zu stellen, ist aufwändig und teuer.

Was sammeln wir, wozu sammeln wir? – Das Profil

Theater ist (fast) immer Teamwork. Hier treffen die unterschiedlichsten Berufe und Berufungen und damit auch die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander – meist konstruktiv, manchmal auch aggressiv, aber immer im Dienste der einen Sache: dem Ereignis der Aufführung am Abend.
Schauspielerinnen und Schauspieler, Sängerinnen und Sänger, Tänzerinnen und Tänzer; Regisseur*innen, Choreograf*innen; Bühnenbildner*innen, Kostümbildner*innen, Dramaturg*innen; Intendant*innen; Kritiker*innen; Theaterfotograf*innen; Theaterzeichner*innen; und dabei sind die Techniker*innen noch gar nicht berücksichtigt (Bühne, Licht, Ton, Film, Requisite, Garderobe, Kascheure, Schreinerei, Schlosserei, Schneiderei, Schumacher), weil sich ihr praktisches Werk im Theater kaum finden lässt in den Spezialarchiven des Theaters.
Die Theaterarchive und -sammlungen im eigentlichen Sinne, die Archive in den Theatern selbst, konzentrieren ihre Sammlungen um den Spielplan, das Werk der Institution Theater. Viele Bühnenkünstler*Innen hinterlassen dort ihre Spuren, mal für ein langfristiges Engagement mal für ein Gastspiel.
Künstlerarchive bewahren die Vor- und Nachlässe maßstabsetzender Bühnenkünstler*innen vor oder hinter der Rampe, ob es die Rampe gibt oder nicht. Bei manchen sind es einige wenige Theater, bei anderen sehr viele, die sie während ihrer Laufbahn kennenlernen. Bei Intendant*innen ist auch hier oft viel regionales/lokales Schriftgut vorhanden.
Und dann gibt es noch die Sammler oder Institutionen, die nach Themen sammeln: eine Materialart (Grafiken, Fotos), ein Genre (Tanz), eine Epoche (Barock), eine Stilrichtung (Agitprop), eine Region oder Stadt (Staats-, Stadt- oder Universitätsarchive, -museen, -bibliotheken) – manchmal ist eine Ausstellung oder Publikation der äußere Anlass dazu.
Je schärfer ein Sammlungsprofil umrissen ist, desto schwieriger wird es, einen Bestand in seiner Fülle und Diversität darin einzupassen. Theater hat unscharfe Ränder, nicht nur innerhalb eines seiner Genres, sondern auch an seinem Rand – zur Bildenden Kunst (Performance), zur Musik (konzertante Opernaufführungen oder szenische Aufführungen sogenannter absoluter Musik), zur Literatur (szenische Lesung, poetry slam).


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